Wer bringt Licht ins Dunkel? Verwirrung um Osram

Der Viktoriasee in Afrika - wer findet die beiden Fischer mit der Solarlampe?

Der Viktoriasee in Afrika - wer findet die beiden Fischer mit der Solarlampe? (Foto: Nasa)

Mit seinen ‚Solarkiosken‘ will Osram erneuerbare Energien in Gegenden in Afrika bringen, die bisher keinen Zugang zu Elektrizität haben. Ein spannendes Projekt – doch gelingt dem Unternehmen der „Kundenfang in Afrika“, oder geht das ganze Projekt grade unter im lokalen Chaos? Zwei Artikel, fast gleichzeitig erschienen in der Financial Times Deutschland (FTP) und der ZEIT, kommen zu drastisch unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

Das Projekt ‚Off Grid Lighting‚ hat einen spannenden Ansatz. Osram, ein europäischer Hersteller von Energiesparlampen, bringt Licht in Dörfer, die bisher keinen Zugang zum Stromnetz haben. An einem „Kiosk“ werden Batterien aufgeladen, die gegen eine Pfandzahlung an Fischer und andere Bewohner der Dörfer ausgeliehen werden. Ersetzt wird damit Kerosin – eine zunehmend teure und gefährliche Art, nachts auf einem Fischerfloss für Beleuchtung zu sorgen. Osram hat kräftig investiert, die Kioske selbst entwickelt und in Dörfern in Kenia aufgestellt.

Und, funktioniert es?

Glaubt man dem Artikel in der Financial Times Deutschland (FTD), ist das Projekt ein Selbstläufer, die Lampen vermarkten sich ganz von allein So zitiert die FTD einen Sprecher des Unternehmens:

„In Kenia, wo die Stromkosten höher  sind als in Deutschland, muss man niemanden vom Sinn der Energiesparlampen überzeugen.“

Nicht nur ein deutscher Vertreter des Unternehmens, auch Entwicklungshilfeorganisationen und der „Chef“ des lokalen Hubs loben das Projekt – in der FTD. Ganz anders ist das Bild im gleichzeitig erschienen Artikel in der Zeit: Angeblich nutzen nur zwei Fischer die Lampen, diese bekamen sie von Osram geschenkt. Mittlerweile führen Stromleitungen in die betreffenden Dörfer, und die Batterien liegen ungenutzt im Regal. Der Kiosk ist einsam und verlassen, die Lampen zu teuer für den lokalen Markt und die Bezahlmechanismen zu langfristig.

Was lernt man draus?

So spannend auch der Ansatz auch ist – die Umsetzung in der Realität scheint doch um einiges haariger zu sein als gedacht. Dies hört man, zwischen den Zeilen, auch heraus wenn man mit Vertretern des Unternehmens spricht. Und die teils doch recht ‚euphorische‘ Literatur zum Thema Base of the Pyramid sowie das Versprechen grossen sozialen Fortschritts verleiten anscheinend schnell dazu, nicht mehr allzu genau hinzusehen.

Armut hat Gründe – oft tief verwachsen, oft schwierig zu ändern. Wenn Unternehmen hier erfolgreich sein wollen, brauchen wir eine neue Kultur der Offenheit. Denn weder Naivität noch brachialer Skeptizismus sind gute Ideen wenn es um die  Entwicklung, Diskussion und Umsetzung von Konzepten gibt, die für Arme und Unternehmen sinnvoll sind.

8 Antworten zu “Wer bringt Licht ins Dunkel? Verwirrung um Osram

  1. Der Zeit Artikel spricht fundamentale Problem mit denen sich die Development Literatur bereits seit mindestens der 80er mit Korton beschäftigt hat aus dem heraus sich eine intensive Debatte über die Partizpation und gesellschaftliche Einbettung von Entwicklungsansätzen entwickelt hat. Auch hieraus entstanden sind, wenn aucch weniger intensive Diskussionen entstanden mit der Expansion und Skalierung von Ansätzen zur Entwicklung aus (Nonprofit/NGO) organisationstheoretischer Sicht. Leider beschäftigt sich die BOP Literature, aus gegebenem Anlass sich in die Managementliterature einreihen zu dürfen, nur sehr wenig bis überhaupt nicht mit dem bereits vertieften Untersuchungen. Sicher gibt es hier wundervolle Synergieeffekte zwischen Development und Managementansätzen, den BOP für sich nutzen kann. Ich würde mich auch hier über Beiträge und Anregungen für diese Potentiale diskutiert sehen. Ich finde es allerdings bemerkenswert, dass ein Traditionsunternehmen wie OSRAM mutig den Weg beschreitet, um sich als Empirie zur Verfügung stellen.

  2. Eine Rückfrage zu Deinem Kommentar: Wer oder was ist Korton?

    Ansonsten: „Participation“ und „Embeddedness“ scheinen mir die Schlagwörter in der aktuellen BoP-Literatur zu sein, auch wenn im Einzelfall sicher nicht ganz einfach ist, als Unternehmen so etwas umzusetzen.

    Sicher unterschätzt werden die kulturellen Faktoren, kenne hier nur einen – allerdings recht gelungenen – Artikel von Letelier et al. aus der California Management Review…

    Viele Grüsse,
    Martin

  3. Vielleicht braucht Osram zunächst gar keine Solarkioske oder spezielle Lampen für Fischer zu entwerfen, die eventuell von den Kosten mit den bestehenden Angeboten nicht konkurrieren können. Es könnte sein, dass eine simple Kampagne für normale Energiesparlampen ein lohnendes Geschäftsmodell in Afrika ist. Diese werden bereits in Masse produziert und sind damit in der Produktion nicht mehr immens teurer als herkömmliche Glübirnen.

  4. Ok, ich habe selber nur wenig über Prahald hinaus gelesen zu BOP… David Korten_Community Organization and Rural Development: A Learning Process Approach…

  5. Hi Tim, Danke, habe ich vorher nicht gefunden.

    Piera Weibel aus Zürich sieht sich genauer an wie man Unternehmen und „Bottom Up“ Prozesse besser koordiniere oder fusionieren kann.

    Schönes Interview von Korten ist hier: http://www.context.org/ICLIB/IC28/Korten.htm

    Er bezieht sich aber vor allem auf Entwicklungshilfeorganisationen, weniger auf Unternehmen aus dem Privatsektor. Aber anregend auf jeden Fall. Interessant auch seine (damals recht fortschrittlichen) Überlegungen zu der Verbinundg von Umwelt und Entwicklung (also over- and underconsumption).

  6. Hallo Tim oder wer mir sonst helfen kann,

    ich sitze gerade an einer Hausarbeit zum Thema „Farmer Field Schools“.
    Konzeptioneller Bestandteil dieser Schulen ist ein partizipativer Lernansatz, der unter anderem dem Bottom-Up Approach nahe kommt.
    Nun bin ich auf der Suche nach passender aktueller Literatur, an die ich kurzfristig kommen kann. Korten und die Kollegen, die er in seinen Artikeln zitiert, sind ja leider doch schon etwas älter.

    Kann mir jemand Aufschluss geben?

    Joscha

  7. Pingback: Grameen macht’s schon wieder (diesmal mit BASF) « Unternehmen Armut Weblog

  8. Ein Update: Habe Wolfram Gregor von osram gestern beim UNGC getroffen, der Zeit-Artikel sei schlecht recherchiert und die Zitate „gelogen“ gewesen. Die niedrige Auslastung lag am Vollmond (wo die Fischer nicht unterwegs sind, gab es eine schöne Graphik zu), und daran, dass die Hubs ein paar Tage nach Eröffnung besucht wurden). Insgesamt gab es wohl 150 Artikel, darunter 100 positive, 50 leicht kritische und halt den einen von der Zeit. Ein Hub ist mittlerweile voll ausgelastet, bei den anderen steigt die Auslastung stetig.

    Also Osram: Weitermachen und viel Erfolg bei den nächsten Hubs!

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