Google Gaps – willkommen in der digitalen Ungleichheit

"Shacks" - bei google nur auf von Benutzern hochgeladenen Fotos.

"Shacks" - bei google nur auf von Benutzern hochgeladenen Fotos.

Während sich Deutschland in bekannt gründlicher Manier Panik zu „google streetview“ macht, gibt es in Johannesburg das umgekehrte Phänomen. Die öden und immergleichen Mauerfronten der Stadt sind kilometerweit erfasst – die Beklemmung beim „streetviewen“ ist ähnlich wie beim echten durchfahren. Die „spannenden“ Viertel dagegen wurden ausgelassen – darunter auch die ehemaligen Wohnviertel vom unbestritten berühmtesten und beliebtesten Südafrikaner.

Beispiel 1: Alexandra

Alexandra, oder „Alex“, ist das „zentralste“ der Townships in Südafrika. Es liegt direkt neben dem Nobelviertel Sandton – mit seinen Shoppingmalls, Hotels, Guesthouses und dem Nelson Mandela-Square (naja – auch eine Shopping-Mall). Trotz Räumbemühungen der Apartheidsregierung und dem Versuch, das Familienleben grossflächig durch „Hostels“ zu bereinigen ist es immer noch ein lebhaftes Viertel. Alex ist nicht immer sicher, oft dreckig, an manchen Stellen ist der Gestank und die Verwahrlosung abstossend. Zu gefährlich für google? Oder zu anstössig für Fussballtouristen, die im Sommer 2010 die Stadt stürmten?

Mandela-Check: In Alex war der erste Wohnort von Nelson „Mandiba“ Mandela. Offenbar nicht genug, um google in das Viertel zu bekommen.

Beispiel 2: Soweto

Das Beispiel von Soweto ist schwieriger. Hier sind Teile tatsächlich von google streetview erfasst – allerdings ausgewählte Teile. Tendentiell sind es eher die stadtnahen, entwickelteren Teile. Die Teile, die durch „upgrading“ soweit hergerichtet wurden, das sie herzeigbar sind. Die Teile, wie Meadowlands, die vom Apartheidsregime bewusst angelegt wurden, um Schwarze aus „unpassenden“ Siedlungen wie Sophiatown, einem gemischten Bohemian-Viertel, anzusiedeln.

Mandela-Check: Das Haus in dem Nelson Mandela mit seiner damaligen Frau, Winnie Mandela, lange Zeit lebte ist in einem der Viertel, die ein „updgrading“ durchgangen sind.

Wen stört’s?

Es wäre spannend zu wissen, ob es sich um einer „unternehmerische“ Entscheidung handelt, angesichts mangelnder erwarteter Nachfrage, oder ob hier „ästhetisch-politische“ Gründe im „Neuen Südafrika“ eine Rolle spiele – will man die shacks, in denen Million von Südafrikanern leben, unter den digitalen Teppich kehren?

Vielleicht bin ich der einzige, den’s stört? Haben doch die Bewohner dieser Viertel tatsächlich oft keinen (direkten) Zugang zum Internet. Grade mit dem wachsenden Zugang über Mobiltelefone könnte aber auch hier die Nachfrage nach Diensten wie google maps steigen. Ausserdem: Grade in den „chaotischeren“ Vierteln könnte ein Angebot wie google street view helfen. Zum Beispiel drin, die Berührungs-Ängste der Ober- und Mittelschicht Schritt für Schritt, oder Klick für Klick, abzubauen. Ein digitales Loch setzt hier mit Sicherheit ein falsches Zeichen.

2 Antworten zu “Google Gaps – willkommen in der digitalen Ungleichheit

  1. Pingback: Slum Mapping: Landkarten von unten | Entwicklung & Sicherheit | Humanität | www.reset.to

  2. Hier noch ein Lesetipp: reset.to hat meine Irritation aufgegriffen, und einen Artikel über positive Ansätze zum Einsatz digitaler Technologien veröffentlich. Lesenswert!

    Slum Mapping: Landkarten von unten
    In Deutschland lassen sich ganze Dörfer von Google StreetView löschen, in andere Weltgegenden fahren die Kamera-Autos des Konzerns gar nicht erst hin. Kartenmaterial von Slums ist selten. Die Slumbewohner schaffen selbst Abhilfe – mit digitaler Technologie.
    http://reset.to/blog/slum-mapping-landkarten-von-unten

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